Abmahnung wegen Google Fonts erhalten? Prüfen Sie jetzt die Einbindung von Google Fonts

  • Lesedauer:27 min Lesezeit

Das wichtigste Zusammengefasst

  • Aktuell kursieren sehr viele Abmahnungen von Privatpersonen, aber v.a. von Anwaltskanzleien wegen Google Fonts, mit dem Ziel Webseitenbetreibern das Geld abzuknöpfen. Sie berufen sich bei ihren Schreiben auf ein Urteil des LG München.
  • Nutzen Sie einen Google Fonts Scanner, um zu erfahren, ob Sie Google Fonts remote oder lokal eingebunden haben und versuchen Sie ggf. von der Remote-Einbindung auf eine lokale Einbindung zu wechseln.
  • Keine Panik! Reagieren Sie nicht direkt auf Abmahnungen und bezahlen Sie nicht einfach. Lesen Sie zuerst den folgenden Beitrag und wägen dann in Ruhe ab.

Aus aktuellem Anlass möchte ich an dieser Stelle meine Kund*innen und Leser*innen über eine Abmahnwelle informieren, mit der Webseitenbetreiber aktuell konfrontiert werden. Es geht um Abzocker und Trittbrettfahrer, die mit ihren Abmahnschreiben und Mails für Verunsicherung sorgen. Vielleicht geht es Ihnen ja genauso. Im folgenden Artikel erfahren Sie die Hintergründe und finden Informationen, mit denen Sie die erhaltenen Schreiben einschätzen können und ihre Reaktions-Möglichkeiten abwägen können.

Das Landgericht (LG) München hat einem User 100€ Schadensersatz gegen einen Webseitenbetreiber wegen der Nutzung von Google Fonts zugesprochen (LG München I, 20.01.2022 – Az.: 3 O 17493/20). Dies nutzen nun einige Personen, um in großem Rahmen Abmahnungen oder zumindest abmahnartige Schadensersatzforderungen zu versenden und dabei 100€ und mehr an Schadensersatzforderungen zu stellen.

Wir raten, die eingegangenen Beschwerden durchaus ernst zu nehmen, sich von solchen Schreiben aber nicht beunruhigen zu lassen. In der Regel muss man auf diese Beschwerden nicht eingehen und nur in Ausnahmefällen auf sie reagieren.

Haftungsausschluss: Dieser Beitrag gibt Ihnen unverbindlich allgemeine Empfehlungen und ist keine individuelle Rechtsberatung. Der Verfasser geht jedoch davon aus, dass der folgende Beitrag und die enthaltenen Informationen eine sachgerechte Entscheidung zum Umgang mit den genannten Zahlungsaufforderungen ermöglicht

Wie soll ich handeln, wenn ich eine Google-Fonts-Abmahnung erhalte?

Es gilt Ruhe bewahren! Da die Anwälte Abmahnungen in Massen verschicken, ist für Sie das Risiko eher gering, dass wirklich sofort etwas Schlimmeres passiert, wenn Sie die sehr kurzgesetzten Fristen nicht einhalten.
Nichtdestotrotz sollten Sie die Abmahnung ernst nehmen und nicht ungesehen beiseitelegen, oder gar wegwerfen.

Gehen Sie wie folgt vor:

  1. Prüfen Sie zunächst, ob ihre Google Fonts von Google Servern bezogen werden, denn z.T. werden Zahlungsaufforderungen an Webseitenbetreiber verschickt, ohne das überhaupt geprüft wurde, ob sie Google Fonts nutzen. Dabei sind die Google Fonts tatsächlich nicht das Problem, sondern nur deren Bezug von den Google Servern. Deshalb sollten die Google Fonts auf Ihrer Webseite von Ihrem Server geladen werden (dazu später mehr).
  2. Prüfen Sie, ob und wie Sie auf die Abmahnung reagieren wollen. Dies hängt von der Art und dem Umfang des Schreibens und ggf. Ihrer Risikobereitschaft ab. Bei der Entscheidung hilft ihnen dieser Beitrag.

Abmahnung ist kein gesetzlich allgemeingültiger Begriff. In der Regel ist damit eine ernsthafte Aufforderung an die Gegenseite, mit Beschreibung der Sach- und Rechtslage sowie einer Drohung vor Gericht zu ziehen, gemeint. Schreiben die uns bis dato bekannt sind können als Abmahnung bezeichnet werden, teils aber auch nur als bloße Zahlungsaufforderung

Was sind Google-Fonts?

Google Fonts ist eine frei verfügbare Bibliothek von über 1400 Schriftarten (engl.: fonts), die von Google bereitgestellt wird. Dieses interaktive Verzeichnis kann remote aber auch lokal eingebunden werden. Dafür werden die Fonts-Dateien von einem Internet-Server in den Browser der Webseitenbesucher geladen. Damit der Server weiß, an welchen Browser er die Datei senden muss, übermittelt der Browser eine IP-Adresse an den Server.

Verstößt die Einbindung von Google-Fonts gegen den Datenschutz?

Sie sind auf der sicheren Seite und vom Urteil des LG München nicht betroffen, wenn Sie die gewünschten Fonts lokal auf Ihrem Server speichern. So werden die Schriftarten beim Besuch der Webseite direkt von Ihrem Server geladen und nicht von den Google-Servern. Bei dieser Form der Einbindung wird keine Verbindung zu Google-Servern hergestellt und es werden keine Daten an Google übermittelt.

Datenschutzrechtlich bedenklich wird es, wenn Sie Google Fonts remote nutzen. In diesem Fall werden die Font-Dateien beim Aufruf der Webseite nicht von Ihrem Server, sondern von Google-Servern geladen, wobei automatisch die IP-Adresse der Webseitenbesucher an Google übermittelt wird. Die IP-Adresse ist ein personenbezogenes Datum (“Online-Kennung” im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DSGVO). Mit weiteren Tools ist es Google dann theoretisch möglich, diese IP-Adresse einem Webseitenbesucher zuzuordnen und diesen identifizierbar zu machen. Dies ist eine nicht hinnehmbare Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, da der jeweilige Besucher keine Kontrolle mehr über die Verarbeitung seiner Daten hat.

Das LG München I befand, dass die automatische Übertragung der IP-Adresse des Webseitenbesuchers eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Form der informationellen Selbstbestimmung nach § 823 Abs. 1 BGB darstellt. Außerdem bestätigt das LG München, dass gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO jede fehlerhafte oder fehlende Einwilligung ebenfalls das allgemeinen Persönlichkeitsrechte der Webseitenbesucher verletzt. Somit begründen sowohl die automatische Weiterleitung als auch die fehlerhafte oder fehlende Einwilligung einen Ersatzanspruch des entstandenen immateriellen Schadens aus Art. 82 DSGVO.

Sowohl Sie als Webseitenbetreiber als auch Google LLC sind für den Schutz der personenbezogenen Daten der User verantwortlich. Wer dies ignoriert oder vernachlässigt, verstößt gegen die DSGVO und muss mit hohen Abmahnkosten rechnen.

Wie prüfe ich ob meine Webseite Fonts von Google Servern bezieht?

Häufig weiß man selbst nicht, ob die eigene Software oder ein Plugin Google Fonts von Google Servern bezieht. Der einfachste Weg dies zu testen, ist einen (oder zur Sicherheit mehrere) der folgenden Google Fonts Scanner zu nutzen.

Sollten die Scanner positiv  anschlagen, empfehle ich Ihnen in den Einstellungen oder Erweiterungen Ihres
CMS dafür zu sorgen, dass Google Fonts auf Ihrer Webseite in Zukunft nur lokal gespeichert werden. Haben Sie Fragen, oder benötigen Sie dabei Hilfe Google Fonts technisch sauber einzubinden, stehen wir von Awesome Design ihnen gerne zur Seite.

Wer ist verantwortlich für die Abmahnwelle?

Seit Sommer 2022 häufen sich die Abmahnungen. Anfangs haben verschiedene Privatpersonen v.a. per Mail gemahnt, was aber wie es scheint deutlich nachgelassen hat. Dem folgt seit Herbst 2022 eine Flut von Abmahnungen die v.a. von zwei Anwaltskanzleien ausgeht. Das sind die Kanzlei RAAG (für den Mandanten Wang YU) und die Kanzlei Kilian Lenard (für den Mandanten Herr Martin Ismail IG Datenschutz)

Macht es einen Unterschied, von wem die Abmahnung kommt?

Bei Schreiben von Privatpersonen

… kann man das Risiko eher als gering einschätzen. Aufgrund der unklaren Rechtslage und der damit verbundenen Risiken, ist es eher unwahrscheinlich, dass Privatpersonen weitere rechtliche Schritte ergreifen, wenn man die gestellten Geldforderungen ignoriert. Nicht ignorieren sollte man allerdings Auskunftsforderungen, die diesen datenschutzrechtlichen Schreiben beiliegen können.

Bei Schreiben von Anwaltskanzleien

… ist das Risiko sie zu ignorieren mit einem höheren Risiko verbunden, da die Wahrscheinlichkeit für eine Klage hier höher ist. Trotzdem empfehlen wir hier ebenfalls keine Zahlungen zu leisten und nur die ggf. beiliegende Auskunftsaufforderung zu beachten.

Kurz gesagt, ein Auskunftsaufforderung sollten sie in ihrer Reaktion berücksichtigen.
Bezüglich Zahlungsforderungen und weiteren Ansprüchen, raten wir von deren Befolgung ab.

Bei Forderungen aus dem Ausland

… empfehlen wir gar nicht zu reagieren. Auch hier können zwar theoretisch berechtigte Interesse bestehen, die Wahrscheinlichkeit negativer Konsequenzen ist aber noch geringer als bei inländischen Anspruchstellern.

Abmahnung durch die Anwaltskanzlei RAAG

Typ:

Anwaltliche Abmahnung

Kanzlei:

RAAG Rechtsanwalt Digikoros Kairis, Sitz in Meerbusch

Mandant:

Herr Wang YU

Forderung:

  • Löschung bzw. Unterlassung
  • Auskunft
  • Schadenersatz
  • anwaltliche Gebühren

Vergleichsangebot:

  • 140 € Schadenersatz und anwaltliche Gebühren, insg. 226,10 €
  • Auskunft
  • Schadenersatz
  • anwaltliche Gebühren

Besonderheit:

  • Löschung bzw. Unterlassung
  • Auskunft
  • Schadenersatz
  • anwaltliche Gebühren

Abmahnung durch die Anwaltskanzlei Kilian Lenard

Typ:

Anwaltliche Abmahnung

Kanzlei:

Kilian Lenard „www.ra-lennard.de“

Mandant:

Herr Martin Ismail IG (Interessengemeinschaft) Datenschutz

Forderung:

  • Unterlassung
  • Schadenersatz

Vergleichsangebot:

  • 170 € Schadenersatz, keine Anwaltgebühren
  • Zahlbar innerhalb von zwei Wochen
  • Mit der Zahlung sind alle Ansprüche abgegolten

Besonderheit:

  • Normal zweiwöchige Zahlungsfrist
  • Eine vorformulierte Unterlassungserklärung fehlt.
  • Der Mandant ist „eine Interessensgemeinschaft“. Im Impressum wird aber nur
    eine natürliche Person benannt. Es bleibt unklar, wer diese Interessensgemeinschaft ist. (Eine IG muss aus mehr als einer Person
    bestehen)
  • Die Verstöße sind vergleichsweise ordentlich dokumentiert. Individuelle
    Screenshots wurden beigefügt.
  • Anwaltsgebühren werden nicht gefordert.

Sind auch Sie von der Abmahnwelle durch Google Fonts betroffen?

Wir von Awesome Design prüfen Ihre Webseite auf die Nutzung von Google Fonts und binden diese sicher ein, damit Sie keine weiteren teuren Abmahnungen erhalten.

Wie ist die rechtliche Lage zum Thema Google Fonts? (nicht lokal gehostet)

Sie ist unübersichtlich, was sich die Abmahner zu Nutze machen. Die Hoffnung ist bei ihnen, dass die Abgemahnten die relativ geringe Summe einfach zahlen, ob nun aus Angst oder weil sie keine Lust auf größeren Ärger haben. Und selbst zum Anwalt werden auch nicht viele gehen, da hier auch gut mal 200€ fällig werden.

Die Frage ist nun, ist der Einsatz von Google Fonts rechtlich problematisch? Und auch wenn hier im Detail vieles strittig ist, ist aktuell nach deutschem Recht und der Erfahrungen mit Gerichten und Datenschutzbehörden seit Wegfall des Privacy Shields davon abzuraten Google Fonts ohne lokal Einbindung einzusetzen. Wie oben bereits erwähnt ist auch schon lange geklärt, dass IP-Adressen personenbezogene Daten sind (Art. 4 Nr. 1 DSGVO). Was ebenfalls dafür spricht Google Fonts lokal einzubinden und sich technisch abzusichern. Wenn man dies betrachtet, haben diese Abmahnungen zumindest begrenzt Recht, wenn sie den Einsatz von Google Fonts beanstanden.

Wichtig ist hier, dass anders als von den Absendern der “Abmahnungen” behauptet, das Urteil (LG München I, 20.01.2022 – Az.: 3 O 17493/20) nicht unumstritten ist und dass das Urteil zwischen den beteiligten Parteien gilt. D.h. es gilt nicht automatisch für alle anderen Fälle der Nutzung von Google Fonts.

Umstritten bedeutet hier, dass das Gericht entschied, dass Nutzer einwilligen müssen damit Schriftendateien von Googles Servern heruntergeladen werden dürfen, weil angenommen wird, dass das Datenschutzniveau mangelhaft ist, wofür der Webseitenbetreiber verantwortlich sei. Dabei kann 1. die Annahme des Personenbezugs der IP-Adresse, 2. das fehlende Datenschutzniveau in den USA, 3. die Verantwortlichkeit für die US-Verarbeitung von Daten und 4. das Überwiegen der Schutzinteressen der Betroffenen in Frage gestellt werden.

Gehen wir aber mal davon aus, der Einsatz ist rechtlich problematisch und Sie haben Google Fonts remote eingebunden. Dann stellen sich zwei Fragen:

  1. Bin ich zur Unterlassung verpflichtet und muss ich Auskunft geben?
    Es gilt, wenn Sie als Webseitenbetreiben Google Fonts remote einbinden und werden dadurch Daten unberechtigt in die USA übertragen, sind Sie grundsätzlich auch einem Unterlassungs-& Auskunftsanspruch ausgesetzt. Die Abmahner legen darauf aber gar keinen gesteigerten Wert, was die Vermutung nahelegt, dass es – oh Überraschung – nur um das Eintreiben von Schadensersatzzahlungen geht. Was das Ganze rechtlich ziemlich unklar macht. Nichtdestotrotz drohen bei Nichterfüllen eines Unterlassungsanspruchs gerichtliche Verfahren und bei einer nicht oder falsch gegeben Auskunft die Einschaltung der Bußgeldbehörden.

  2. Muss ich Schadenersatz bezahlen?
    Es ist rechtlich definitiv nicht geklärt, ob und in welcher Höhe Schadenersatzansprüche beim Einsatz von Google Fonts verlangt werden können. In den Anwaltsschreiben werden zwar z.T. eine Reihe von Urteilen zitiert, die bei Verstößen gegen die DSGVO hohe Schadensersatzforderungen zugesprochen haben. Schaut man hier aber genauer hin, ging es in all diesen Fällen nie um Google Fonts.

    Zum Thema Google Fonts und Schadenersatz gibt es bisher nur das relativ kurze und wenig detaillierte Urteil vom LG München (LG München I, 20.01.2022 – Az.: 3 O 17493/20), in welchem dem Kläger 100€ Schadenersatz zugesprochen wurden. Und auf genau dieses eine Urteil stützen sich nun alle Abmahner, wobei dieses Urteil, wie bereits oben erwähnt, nicht automatisch auch für alle anderen Google Fonts Fälle gilt. Bei 114 anderen Landgerichten und 24 höheren Oberlandesgerichten und einem Bundesgerichtshof als höchstes deutsches Gericht, ist es relativ wahrscheinlich, dass andere Gerichte den Sachverhalt anders beurteilen würden.

    Warum die Abmahner deutlich höheren Schadenersatz verlangen als der vom LG München zugesprochene, bleibt offen. Ebenso bleibt äußerst fraglich, ob ein Gericht Schadenersatzansprüche zusprechen würde, wenn die Personen massenhaft und absichtlich auf Webseiten gehen, damit dort ihre Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Und genau das tun die Abmahner.

Ist eine Gegenwehr möglich? - Beschluss vom LG Baden-Baden gegen Google Fonts Abmahner Martin Ismail

Das LG Baden-Baden hat am 11.10.2022 eine einstweilige Verfügung gegen den Abmahner Martin Ismail erlassen. Mit dem Beschluss wird festgestellt, dass der Abmahnende Herr Ismail die Antragstellerin bzw. mit ihr verbundene Unternehmen vorläufig nicht mehr wegen der Einbindung von “Google Fonts” kontaktieren – also abmahnen – darf. Ihm droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 € oder sogar Ordnungshaft, falls er gegen das Verbot verstoßen sollte. Der Beschluss ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Mit dem Beschluss des LG Baden-Baden liegt die erste Entscheidung gegen die Abmahner vor, was zeigt, dass Abmahner auch von den Gerichten Gegenwind erhalten. (LG Baden-Baden, 11.10.2022, Az.: 3 O 277/22)

Achtung:
Das LG Baden-Baden hat hier eine Einzelfallentscheidung getroffen. Diese gilt nur zwischen Herrn Ismail und der klagenden Firma und hat keine Allgemeingültigkeit. Der Beschluss gilt also – auch wenn er rechtskräftig werden sollte – nicht automatisch für andere von ihm angeschriebene Personen. Abmahnungen die Sie von Martin Ismail erhalten haben sind nicht automatisch hinfällig!

Wie beweiskräftig sind die in den Abmahnungen vorgelegten Nachweise?

Rechtsverstöße müssen nachgewiesen werden. Zum Beispiel durch Screenshots, Browser-Protokolle, Quellcode-Ausdrucke, z.T. wird nur behauptet, dass eine Webseite besucht wurde, etc. Die Beweiskraft dieser Nachweise ist jedoch zweifelhaft.

  • Besuch der Webseite:
    IP-Protokolle oder Screenshots könnten auch automatisch mittels bots erstellt worden sein. Angesichts der schieren Masse an Abmahnungen ist die Automatisierung naheliegend. In dem Fall lägen mangels einer natürlichen Person im Sinne des Gesetzes auch keine personenbezogenen Daten vor. Unabhängig davon müsste die Person den Besuch der Webseite auch wirklich nachweisen und ihn nicht nur behaupten.
  • Manipulation von Screenshots:
    Digitale Inhalte können leicht manipuliert werden und stellen somit keinen tauglichen Nachweis dar.
  • Behauptung der Eigentümer einer IP-Adresse zu sein:
    IP-Adresse können ausgedacht sein oder es können abgelaufene IP-Adresse genutzt werden.
  • Behauptung der Anwesenheit von Zeugen:
    Es wird behauptet, dass die beanstandeten Sachverhalte bezeugt werden können oder “gerichtsfest
    gesichert” worden sind. Wenn dem so wäre, würden diese Sicherungen konkretisiert werden und
    Zeugen müssten benannt werden. Das lässt zumindest annehmen, dass hinter solchen
    Behauptungen häufig nichts steht.

Warum sollte ich einer Auskunftsanfrage nachkommen?

Zu den Auskunftsanfrage gemäß Art. 15 DSGVO, die vor allem in den von Kanzleien kommenden Schreiben vorkommen, sollten Sie folgende Punkte beachten.

  • Auskunftsrecht von Jedermann:
    Jeder kann bei einem Verantwortlichen, der personenbezogene Daten verarbeitet eine sog. “DSGVO Auskunft” fordern. Dazu gehören auch Webseitenbetreiber, die u.a. Auskunft darüber geben müssen, ob und welche personenbezogenen Daten des Auskunftsstellers zu welchen Zwecken und für wie lange verarbeitet werden und an wen diese ggf. weitergegeben werden. Dazu gehört auch eine Kopie dieser Daten, die dem Auskunftssteller übergeben werden muss.
  • Pflicht zur Negativ-Auskunft:
    Werden keine personenbezogenen Daten des Auskunftsstellers erhoben, besteht trotzdem eine Pflicht eine Negativ-Auskunft zu erteilen.
  • Kurze Antwortfrist:
    Die Auskunft muss unverzüglich und maximal innerhalb eines Monats erteilt werden.
  • Kostenlos:
    Für eine DSGVO-Auskunft und eine Kopie der verarbeiteten Daten darf kein Entgelt verlangt werden. Erst wenn Anfragen unangemessen oft gestellt werden, können Kosten erhoben werden. (Laut Schätzungen bei einer Webseite häufiger als einmal alle 12 Monate)
  • Bußgeldbewehrt:
    Eine unterlassene oder verspätete Auskunft stellt einen Datenschutzverstoß dar und kann mit Bußgeldern geahndet werden. Aber angesichts ihres Geschäftsmodells ist es fraglich, ob die Abmahner tatsächlich Meldungen bei Datenschutzbehörden einreichen und ob die Behörden dann diese Meldungen als Anlass für Verfahrenseröffnungen nehmen.
  • Nachweis der Identität:
    Als zur Auskunft verpflichtete Stelle, müssen Sie bei der Auskunftserteilung auch die Datenschutzrechte anderer natürlicher Personen berücksichtigen. Es ergibt sich die Pflicht, bei Zweifeln an der Identität des Antragstellers, diese zu verifizieren. Beispielsweise genügen nur Vor-, Nachnamen und eine Telefonnummer nicht als Nachweis der Identität. In dem Fall muss zusätzlich z.B. eine Vorgangsnummer, Rechnungsnummer, etc. erfragt werden. Bei Mail-Adressen, muss geprüft werden, ob der User sich in einem Double-Opt-in-Verfahren (DOI) registriert hat.

In den soweit bekannten Abmahnungen und sonstigen Aufforderungen war die Legitimation der Auskunftssteller eher zweifelhaft. Dabei reicht die Nennung einer IP-Adresse allein auch nicht als Nachweis aus. Hier müssten Sie weiter Identifikationsnachweise einholen.
Prüfen Sie also genau ob Sie antworten und v.a. welchen Inhalt Ihre Antwort haben sollte.

Gibt es legitime Gründe die Auskunftsaufforderung zu ignorieren oder zurückzufragen?

Zur Auskunftserteilung gilt Art. 15 der DSGVO. Zuvor prüfen Sie aber folgende Punkte:

  1. Wurde überhaupt eine Auskunftsaufforderung gestellt?
    In dem Fall finden sie im Schreiben Begriffe wie: “Auskunft”, „Rechte nach “Art 15 DSGVO” geltend machen“, “welche personenbezogenen Daten werden wie verarbeitet?“
  2. Rechtsmissbrauch anstatt ernsthafte Auskunftsabsicht:
    Steht die Forderung nach Geld klar im Vordergrund und wird der Verzicht auf das Auskunftsrecht gegen Zahlung angeboten, muss keine Auskunft erteilt werden. Gerichte gehen idR. von Rechtsmissbrauch aus, wenn die Auskunftsaufforderung allein dem Ziel dient finanzielle Ansprüche geltend zu machen.
  3. Es fehlt die dem Anwalt erteilte Vollmacht:
    Liegt dem an Sie adressierten Schreiben keine Vollmacht im Original bei, müssen Sie deren Fehlen beanstanden und eine Nachreichung fordern. Damit wäre Sie auf der sicheren Seite. Angesichts der “Google-Fonts-Abmahnwelle” kann man aber auch die Meinung vertreten, dass die fehlende Vollmacht derart zu Zweifeln berechtigt, dass eine Rückfrage nach der Vollmacht nicht erforderlich ist.
  4. Logfiles prüfen:
    Prüfen Sie, ob die mitgeteilte IP-Adresse in den Logfiles Ihres Webservers auftaucht. Ihr Webhoster kann ihnen die Logfiles zur Verfügung stellen. Die IP-Adresse kann aber auch in den Logfiles eines Cookie Opt-In-Systems zu finden sein. Finden Sie die IP-Adresse nicht können Sie negativ Auskunft geben. “Zu dieser IP-Adresse haben wir keine personenbezogenen Daten gespeichert“.
  5. Identität prüfen:
    Jeder kann behaupten Inhaber einer IP-Adresse oder eines Namens zu sein. Bitten Sie deshalb um einen Nachweis der Inhaberschaft.
  6. Ablehnung der Verantwortung für Google:
    In einigen Fällen wurde Auskunft über die von Google verarbeiteten Daten verlangt. Ob ein Webseitenbetreiber dazu verpflichtet ist, ist in der DSGVO nicht geklärt. Es wird aber als vertretbar erachtet, dass Sie an dieser Stelle die Verantwortung und die Auskunft ablehnen können.

Im Rahmen der Google Fonts Abmahnwelle könnten Sie theoretisch auch erstmal Zweifel an der Auskunftsberechtigung ins Feld führen, die Verantwortung ablehnen und abwarten, ob überhaupt eine Rückmeldung kommt

Sind auch Sie von der Abmahnwelle durch Google Fonts betroffen?

Wir von Awesome Design prüfen Ihre Webseite auf die Nutzung von Google Fonts und binden diese sicher ein, damit Sie keine weiteren teuren Abmahnungen erhalten.

Muss ich einen Bußgeldbescheid von den Datenschutzbehörden befürchten?

Datenschutzaufsichtsbehörden haben sich bisher eher zurückhaltend zu der Abmahnwelle wegen Google Fonts geäußert. Sie weisen auf die rechtliche Problematik hin, verurteilen allerdings die Art des Einsatzes des Datenschutzes zu Zwecken der Bereicherung. Man kann hier aber erwarten, dass sich die Behörden im Rahmen der Google-Fonts-Abmahnung auf die Seiten der Abgemahnten stellen werden. Sie gehen aber auf Nummer sicher, wenn Sie die geforderte Auskunft erteilen.

Muss ich mit einer Klage rechnen?

Wenn sie eine Abmahnung ignorieren und den Forderungen nicht nachkommen, ist eine Klage möglich,  jedoch nicht wahrscheinlich, da für die Abmahner Klagen oder einstweilige Verfügungsverfahren mit viele Risiken verbunden sind. Zumindest zeigt sich, dass die Abmahnungen es vor Gericht nicht einfach haben werden.

Kann ich mich aktiv gegen die Abmahnungen wehren?

Sie können beim Gegenangriff folgende Schritte ergreifen:

  • Fristsetzung:
    Setzen Sie den Abmahnern eine Frist zur Rücknahme ihrer Ansprüche (ca. 1 Woche)
  • Negative Feststellungsklage:
    Sie können klagen und beantragen, dass das Gericht feststellt, dass die Zahlungs- und Unterlassungsansprüche unberechtigt waren
  • Strafantrag:
    Sie können Strafantrag wegen Betrugs stellen

Anwälte der Kanzlei LHR berichten von einer erfolgreichen einstweiligen Verfügung gegen eine Google Fonts Abmahnung (LG Baden-Baden, 11.10.2022, Az.: 3 O 277/22) und es gibt Berichte, dass erste Strafanträge gestellt wurden.

Wenn Sie selbst klagen wollen, sollten Sie aber zuvor diese Aspekte bedenken:

  • Ungewisser Ausgang:
    Wie bereits beschrieben, ist der Bezug der Google Fonts von Google Servern wohl als Verstoß gegen die DSGVO anzusehen. Es spricht auch nichts dagegen auch bei einer ungewissen Rechtslage eine Schadensersatzforderung zu stellen. Deshalb sollte jeder im Einzelfall sein persönliches Risiko genau prüfen.
  • Verfahrensdauer:
    Aufgrund der uneindeutigen Rechtslage können sich solche Verfahren über mehrere Jahre oder Instanzen hinziehen.
  • Verfahrenskosten und Insolvenz der Gegenseite:
    Nicht selten enden solche Verfahren auch damit, dass trotz Obsiegens die Kosten nicht erstattet werden und Pfändungen ins Vermögen der Abmahner ins Leere laufen.

Vorteil wenn Sie einen Anwalt hinzuziehen ist natürlich, dass Sie mit dem Anwalt die Problematik direkt besprechen können und der Anwalt Ihnen in ihrer konkreten Situation weitere Schritte raten kann. Zudem kann er Sie auch nötigenfalls vor eine Datenschutzbehörde vertreten.

Haften Agenturen für die Webseiten ihrer Kunden?

Laut DSGVO sind die Datenverarbeiter also die Webseitenbetreiber für den Datenschutz auf ihrer Seite verantwortlich. Trotzdem ist es strittig in wie weit Agenturen bei Verstößen gegen den Datenschutz haften.
Auch wenn natürlich gilt: wer für Kunden Webseiten erstellt, ist zu einer mangelfreien Leistung verpflichtet, womit auch Rechtsmängel gemeint sind. Wie weit dann diese Haftung für Rechtsmängel reicht, hängt vom Einzelfall ab. 

Agenturen sollten die folgenden Punkte befolgen, wenn sie keine Gewähr für die rechtlichen Aspekte der Webseiten tragen wollen:

  • Angebots- und Leistungsbeschreibung:
    In der Angebotsbeschreibung sollte stehen, dass keine Rechtsberatung geleistet wird und dass die technische Bereitstellung keine rechtliche Gewährleistung mit sich bringt und die rechtliche Prüfung der Webseite dem Kunden obliegt.
  • AGB:
    Der o.g. Hinweis aus den Angebots- und Leistungsbeschreibungen sollte auch in den AGB zu finden sein.
  • Freigaben:
    Vor Nutzung externer Anbieter (wie Google bei Google Fonts) sollten die Kunden um eine Freigabe gebeten werden.
  • Abnahme:
    Bei der Abnahme der fertigen Webseite sollten die Kunden neben einer technisch-inhaltlichen, auch zu einer rechtlichen Prüfung der Webseite aufgefordert werden.

Guter Kundenservice sieht aber anders aus, und unzufriedene Kunden suchen sich ggf. eine andere Agentur.
Deshalb sollten Agentur von sich aus nur Tools und Verfahren nutzen, die möglichst Datenschutz konform sind. 

Gibt es auch Abmahnungen zur Einbindung von Google Analytics, Google Maps und YouTube?

Ja, da auch in diesen Fällen Daten an Google-Dienste übermittelt werden, wird neben Google Fonts auch der Einsatz weiterer Google Produkte / Plug-Ins abgemahnt.

  • Einwilligung:
    Prinzipiell sollten Sie externe Dienste immer erst dann auf Ihrer Webseite ausführen, wenn die
    Webseitenbesucher eine entsprechende Einwilligung gegeben haben.
  • Gleiche Reaktion auf Abmahnungen:
    Wie im Fall von Google Fonts sollte man keine Zahlung, keine Abgabe von Unterlassungserklärungen
    und allenfalls die Reaktion auf die oben erläuterten Auskunftsansprüche leisten.

Da die rechtlich unklare Lage eine Vielzahl von externen Fonts, Online- und Cloud-Diensten betrifft, kann man damit rechnen, dass es nicht bei den Abmahnungen wegen Google Fonts bleiben wird. Der Betrieb von Facebook-Seiten, Instagram-Accounts, die Nutzung von US-Content-Delivery-Netzwerken, oder von Cloud-Speichern in den USA kann mit derselben Begründung wie Google-Fonts abgemahnt werden. Und gewisse Anwälte und Kanzleien werden diese Chance Geld einzutreiben definitiv nutzen.

Wie soll ich mich verhalten? – Eine Checkliste

Die mir soweit bekannten anwaltlichen Abmahnungen sind immer die exakt gleichlautenden Schreiben mit den immer gleichen Textbausteinen. Der Sachverhalt bei den Abgemahnten ist aber häufig unterschiedlich.
Manche Webseitenbetreiber werden abgemahnt obwohl sie Google Fonts lokal implementiert haben, andere haben die IP-Adresse die an Google gesandt worden sein soll gespeichert (z.B. in Matomo oder Google Analytics). Es gibt auch Abmahnungen bei Kunden, die Google Fonts mit einem sgn. Consent-Tool verwenden. Einen weiteren Sachverhalt findet man bei den Nutzern von Jimdo oder Wix, diese nutzen Google Fonts in ihren Baukästen. Damit möchte ich sagen, dass jeder Einzelfall getrennt betrachtet werden muss und der eine pauschal richtige Weg nicht existiert.

Trotzdem! Mit der folgenden Liste möchte ich Ihnen einen kurzen Überblick bieten, wie Sie sich im Falle einer Abmahnung wegen der Nutzung von Google Fonts verhalten können.

  • Wurde ein Auskunftsaufforderung gestellt?
  • Klingt das Auskunftsverlangen ernsthaft, oder wird es als Drohmittel eingesetzt oder bei einer
    Zahlungsaufforderung vom Anwalt, ohne Vollmacht?
  • Um einen Nachweis der Inhaberschaft an den IP-Adressen bitten.
  • Falls nein: Ist die IP-Adresse in den Logfiles gespeichert? Sind vielleicht auch E-Mailadresse und
    Name im Kunden oder Nutzerbestand? Falls nein -> Negativauskunft
  • Für Privatpersonen ist dieses Risiko eher gering.
  • Für Unternehmen ist das Risiko etwas höher, scheint aber vertretbar zu sein

Sie Antworten nicht, binden die Fonts natürlich lokal ein und nehmen das eher sehr geringe Risiko in
Kauf, dass die Abmahnanwälte genau Sie unter Tausenden auswählen, um gegen Sie eine Musterklage
anzustrengen.

  • Weisen Sie die Ansprüche auf Zahlung und Unterlassung zurück.
  • Im Falle einer Aufforderung zur Auskunft: Negativauskunft zu Daten oder Rückfragen zur Vollmacht und Inhaberschaft der IP-Adressen anfordern.

Aber wäre zu zahlen nicht doch die bessere Lösung?

Zu zahlen ist der sichere und gewiss einfachste und schnellste Weg, um dieses lästige Thema vom Tisch zu
bekommen. Und wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie durch Begleichen der Forderung innere Ruhe finden
und sich damit wohlfühlen, ist es völlig in Ordnung zu zahlen.

Aber: Damit zeigt man sich auch als williges Opfer genau der Masche, die diese Abmahner nutzen und macht
sich womöglich zum Ziel weiterer Schreiben und Forderungen.

Wenn Sie wirklich sicher gehen möchten, dann wenden Sie sich lieber an einen Rechtsanwalt und lassen Sie
ihren Fall individuell prüfen.

Fazit:

Wo Profitgier auf abstrakten Datenschutzregelungen trifft, sind findige Anwälte nicht weit, die eine “Abmahnwelle” lostreten. Und man muss zugestehen, dass die Rechtsverstöße an sich nicht von der Hand zu weisen sind. Da die Nachweise aber eher zweifelhaft sind und der Verdacht des Rechtsmissbrauchs groß im Raum steht, sollte man definitiv nicht auf die Forderungen eingehen.

Allenthalben sollte man ernstgemeinten Auskunftsaufforderung nachgekommen. Ignoriert man diese, könnte es potenziell Ärger seitens der Datenschutzbehörden geben, falls die Abmahner diese einschalten sollten. In dem Fall sind Bußgelder zumindest möglich. Ob bei Erstverstößen überhaupt Bußgelder verhängt werden und in welcher Höhe lässt sich nicht genau sagen. Sie wären aber gewiss nicht existenzbedrohend. Bislang sind mir aber auch keine Fälle bekannt, in denen eine der beiden oben genannten Kanzleien die Datenschutzbehörden eingeschaltet haben.

Das Risiko, dass Sie als Einzelner wirklich verklagt werden, wird derzeit allgemein als gering bewertet. Die Abmahner haben eine so hohe Zahl an Fällen ausgelöst, dass es allein schon wegen des enormen finanziellen und organisatorischen Aufwands mehr als unwahrscheinlich ist das alle Abgemahnten vor Gericht gezogen werden. Zudem wollen die Abmahnanwälte das schnelle Geld machen und keinen riesigen rechtlichen Aufwand betreiben. Natürlich gibt es keine Garantie, wie sich die Fälle in Zukunft entwickeln.

Schadenersatzansprüche aus den Abmahnungswellen dieses Jahres verjähren übrigens in der Regel zum 31.12.2025.

Was Sie aber auf jeden Fall tun sollten, egal ob Sie ein solches Schreiben erhalten haben oder nicht, ist zu prüfen, dass Sie keine externen Fonts einbinden und keine Cookies ohne die nötigen Einwilligungen einsetzen. Wir helfen Ihnen gerne bei der Überprüfung Ihrer Webseite und optimieren Ihre Seite ggf. Datenschutz konform. Kommen Sie diesen Abmahnern ganz einfach zuvor.